Jacmel – einst Reichste Stadt von Haiti

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Jacmel im Süden von Haiti zählt wohl zu den wirklich nennenswerten Ortschaften auf der Insel Hispaniola. Mit einer geschätzten Einwohnerzahl von rund 40 Tausend Personen, ist Jacmel zwar die viertgrößte Stadt in Haiti, war aber zu den Blütenzeiten der Kolonialzeit in diesem Land einige Zeit gar die reichste Stadt.


Bedeutender gar als die heutige Hauptstadt Port-au-Prince, wurde Jacmel von der Unesco 2004 gar als mögliches Welterbe in Betracht gezogen – eine Ortschaft an der Südküste von Haiti, welche wir Ihnen hier gerne etwas näher vorstellen.

Hotel Florita Jacmel
Hotel Florita Jacmel

Nicht zuletzt auch dem Umstand Rechnung tragend, dass trotz der Nähe zur Hauptstadt Port-au-Prince, die Unruhen bei den Wahlen und nach den Wahlen zum neuen Präsident Anfangs 2011 kaum bis hierhin gelangten und die Kleinstadt sich sehr oft ruhiger präsentiert als die restlichen Städte im Land, wenn diese durch Aktivitäten in Unruhen geraten. Mit dem verheerenden Erdbeben vom 12.Januar 2010 erlitt das historische Stadtbild einen derben Schlag. Rund 70 % aller Gebäude wurden beschädigt. Viele Gebäude stürzten komplett ein und einige, wie das für seine Architektur weltweit bekannte Hotel Alexandra Manor, wurden komplett zerstört.

Daten
Jacmel (haitianisch Jakmèl) ist eine Stadt in Haiti und Hauptort des Arrondissements Jacmel im Departement Sud-Est und wurde im Jahr 1698 gegründet. Die Einwohnerzahl der Stadt wird auf 40.000 geschätzt; sie ist damit die viertgrößte Stadt Haitis. Jacmel liegt etwa 80 Kilometer südlich der Hauptstadt Port-au-Prince an der Südküste von Hispaniola, in einer etwa drei Kilometer weiten Bucht. Der Rivière de la Cosse mündet hier in das Karibische Meer. Straßburg und Jacmel sind seit 1996 Partnerstädte. Die Stadt verfügt über einen kleinen Hafen (UN/LOCODE: HTJAK), der von der Autorité Portuaire Nationale betrieben wird; er kann jedoch von grossen Schiffen nicht angelaufen werden. Die Asphalt-Landebahn des Aéroport de Jacmel (ICAO-Code: MTJA) hat eine Breite von 29 m und ein Länge von 1006 m und muss als Provinzflughafen eingestuft werden.

Geschichte
Die Stadt wurde 1698 von französischen Kolonisten gegründet. Die Herkunft des Namens ist unklar. Es heißt, der Name gehe auf den Namen einer Siedlung der Taíno mit dem Namen Yaquimel zurück, andere Quellen nennen den Namen von Jacques Melo, der demnach als einer der Gründer des kolonialen Ortes zum Namenspatron der Stadt wurde. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einer wichtigen Hafenstadt, von der vor allem Kaffee verschifft wurde. Als Ende des 18. Jahrhundert die große mulatische Bevölkerung der Stadt eine Gleichberechtigung mit den

Strasse Jacmel
Strasse in Jacmel

Weißen verlangte, wurde die Stadt zu einem Kriegsschauplatz im Aufstand der Schwarzen gegen die Kolonialherrschaft. Im Jahr 1816 hatte Alexandre Sabès Pétion, der damalige Präsident Haitis, Simón Bolívar hier zu Gast, als der seine Anhänger bewaffnete. Mitte des 19. Jahrhunderts liefen die meisten Dampfschiffe auf dem Weg zwischen der Karibik und Europa den Hafen Jacmels an. Die Stadt war die erste Stadt in der Karibik mit Telefon und einer Wasserversorgung. Am Heiligabend 1895 wurde in der Stadt die erste Elektrizitätsversorgung Haitis in Betrieb genommen. 1896 brannte die Stadt nieder.

Erdbeben 2010
Die Stadt wurde durch das Erdbeben vom 12. Januar 2010 schwer in Mitleidenschaft gezogen. Etwa 70 % der Häuser wurden beschädigt, viele stürzten in sich zusammen. Nach Angaben des Bürgermeisters kamen durch das Erdbeben 400 – 500 Einwohner der Stadt ums Leben, mehr als 4000 weitere wurde verletzt. Die historische Markthalle, die 1895 von belgischen Handwerkern gebaut wurde und viele der historischen Herrenhäuser mit den schmiedeeisernen, von Gusseisen getragenen Balkonen widerstanden den Erdstößen. Das Alexandra Manor Hotel jedoch, ein für seine Architektur bekanntes Gebäude und die meisten Häuser in den ärmeren Stadtteilen stürzten ein oder wurden irreparabel beschädigt. 225 kanadische Soldaten sind mit der HMCS Halifax nach Jacmel gebracht worden, um den Betroffenen zu helfen. Die Fregatte konnte den Hafen jedoch nicht direkt anlaufen, da dieser zu seicht ist. Da der Flugplatz der Stadt nach dem Erdbeben nicht nutzbar war, haben kanadische Truppen zunächst mit Hubschraubern vom Typ CH-146 Griffon und ab 19. Januar auch mit Flugzeugen vom Typ CC-130 Herkules Hilfsgüter in die Stadt geflogen und Verletzte sowie Ausländer ausgeflogen. Die kanadische Regierung konzentrierte sich mit ihren Hilfsmaßnahmen auf Ersuchen der Regierung Haitis auf Jacmel und die Umgebung.

Die Familien von Michaëlle Jean, die seit Ende ihrer Amtszeit als Generalgouverneurin Kanadas, asl Sonderbotschafterin der UNESCO für Haiti tätig ist, wurde in Jacmel geboren.

Besonderes 

  • Die einzige Filmhochschule Haitis hat ihren Sitz in Jacmel.

    Jacmel
    Jacmel
  • Söhne und Töchter der Stadt
  • René Depestre, Schriftsteller
  • Magloire Ambroise, General
  • Das Beispiel Hotel Florita in Jacmel Haiti

Das Hotel Florita wurde 1888 erbaut. Damals Jacmel war die reichste Stadt in Haiti und das Geld kam von Kaffee. Es gab keine eigentlichen Kaffeeplantagen, die Bauern waren Kleinbauern und die Anzucht von Kaffee war eher nebenbei betrieben worden um die kleine Menge an Bargeld welche für ihr Leben benötigt wurde zu erarbeiten. Vieles wurde damals noch durch Tauschgeschäfte und Anbau zur Eigenversorgung bewerkstelligt, was erklärt, warum Eigenkapital damals noch nicht den heutigen Stellenwert hatte. Es gab nur ein paar „grosse Familie“ und alle von ihnen erbauten Häuser waren recht identisch, Im Erdgeschoss waren das Büro und die offiziellen Räume, darüber lagen oft zwei Stockwerke für die zwei Familiengenerationen, welche in den Häusern wohnten. Die Küche und das Gesindehaus wurden im Hof untergebracht und die Depots für den Kaffee waren in der Regel neben dem Haus oder gar anderswo an derselben Strasse platziert – daher entstand auch der Name Rue du Commerce – Handelstrasse.

Die Häuser welche im 19. Jahrhundert in Jacmel immer mehr Einzug erhielten, wurden in Europa entwickelt – vor allem Frankreich – und aus sehr ausgewählten Materialien errichtet. Eisen, Fliesen, etc. wurden aus Europa importiert – nur das Holz – meist edles Mahagoni wurde damals noch in Haiti selbst abgebaut. Allerdings ohne an die erforderliche Wiederaufforstung zu denken – was immer mehr zu einem Raubbau führte mit bis in die heutige Zeit reichende verheerende Folgen für die Natur. Die Wirtschaft des Landes veränderte sich zunehmend und viele der wohlhabenden Familien von Jacmel zogen in die neue Hochburg von Haiti: Port-au-Prince und schlossen ihre Häuser in Jacmel. Die Blütezeit der einst reichsten Stadt von Haiti, wohl gar der gesamten Karibik zu dieser Zeit, neigte sich schnell dem Ende zu.

Das Haus mit dem heutigen Hotel Florita wurde in den 50er Jahren geschlossen – bis die Stadt sozusagen zu Beginn der 70er Jahre von abenteuerlichen Amerikanern und Kanadiern „wiederentdeckt“ wurde. Zu einer Zeit wo keine einzige asphaltierte Strasse in die 80 Kilometer entfernte Stadt führte. Die Fahrt zwischen Port-au-Prince und Jacmel dauerte den ganzen Tag – viele Flüsse mussten überquert werden. Ein Grund das die Stadt vom „neuen Treiben“ eher verschont blieb und lange Ihr ruhiges, schönes und beinah unberührtes Ambiente beibehalten konnte. Einer der ersten Ausländer, welcher nach Jacmel kam, war Selden Rodman – ein sehr produktiver Kunst und Reiseschriftsteller – ebenso Dichter, Kritiker und schliesslich auch Kunsthändler. Er kaufte das Haus, nachdem es seit 20 Jahren leer stand und eröffnete eine Kunstgalerie in der ersten Etage des Gebäudes. Er fing an, über haitianische Kunst zu schreiben und war wohl einer der bedeutendsten Personen für die Popularisierung der haitianischen Kunst im Westen. Er behielt das Haus 20 Jahre lang. Viele seiner Werke einstanden dort und das Haus erhielt, wie Jacmel selbst, durch Ihn eine neue Bedeutung.

Im Jahr 1989 wurde es von Joe Cross und seiner Familie gekauft welches es bereits seit 1982 gemietet hatten. Und bis Heute ist „Joe“ der Inbegriff eines beliebten Betreibers des daraus entstandenen Hotel Florita geblieben. Denn er dachte, dass das Haus für mehr Menschen die Gelegenheit bieten sollte, das Gefühl zu erleben, wie das Leben einst – vor einem Jahrhundert – war in Jacmel (für die Reichen) und so wurde es im Jahr 1991 in ein Hotel „umgewandelt“ – mit der Eigenheit das sehr vieles von seinem ursprünglichen Charakter erhalten und integriert wurde. Ein Haus und Hof das sein Ambiente von einst in die Gegenwart tragen sollte und nicht eine der modernen Komplexe werden sollte welche später ohne Rücksicht auf Umgebung und Geschichte errichtet wurden. Das Restaurant und die Bar sind im ehemaligen Depot untergebracht, wo einst der Kaffee gelagert wurde.

Obwohl das Kaffee-Geschäft in Jacmel längst nicht mehr floriert, der Kaffee ist noch allgegenwärtig im Ort und der wunderbar schmeckende Kaffee, kann überall gefunden werden. Beim Erdbeben 2010 wurde auch dieses Gebäude beschädigt, einiges konnte nicht repariert werden und wurde etwas umgebaut das Ambiente wurde erhalten und die Reparaturarbeiten dürften bis Ende Jahr beendet werden.

Weitere Eindrücke aus Jacmel finden Sie auch in unserer Fotogalerie

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